Eine Geschichte für den Winter
Rettung für Topsi
Endlich ein richtiger Winter! Tagelang war es sehr kalt. Hin und wieder schneite es und die Dächer bekamen weiße Mützen. Emmi wartete sehnsüchtig darauf, dass der große Stadtteich endlich zufror, damit sie dort Schlittschuhlaufen konnte. Dann war es endlich soweit. Die Eisdecke des Teiches war fest genug und wurde zum Schlittschuhlaufen freigegeben.
Jeden Nachmittag nach der Schule traf sich Emmi mit ihrer Freundin Ella am großen Teich. An diesem Nachmittag hatte Emmi ihren kleinen Mischlingshund Topsi mitgebacht. Es war das erste Mal, dass Topsi in seinem Hundeleben einen zugefrorenen Teich sah.
„Huch, wo ist denn das ganze Wasser nur hin?“ fragte sich Topsi verwundert, während er am verschneiten Ufer stand.
Die Mädchen zogen sich ihre Schlittschuhe an und gingen auf die Eisfläche. Topsi stand immer noch am Ufer.
„Komm‘ Topsi, der Teich ist gefroren, auch du kannst auf dem Eis laufen!“, forderte Emmi ihren kleinen Hund auf.
Topsi schaute skeptisch auf die Eisdecke des Teichs. Schließlich setzte er ganz vorsichtig seine Pfote auf das Eis. „Tatsächlich, der Boden ist fest“, stellte er beruhigt fest, „aber glatt ist es hier. Hoppla, ich falle!“ rief der kleine Topsi verschreckt, rutschte über das Eis und fiel auf seine Nase.
Doch schon bald fand Topsi Gefallen an der glatten Fläche. Vergnügt schlidderte er über das Eis. Zielsicher lief er direkt auf eine kleine Insel zu, auf der er ein paar Enten entdeckt hatte. „Prima, ich könnte jetzt ein paar Enten ärgern und sie ein bisschen jagen“, dachte Topsi.
Einige Meter vor der Insel stand ein Schild mit dem Hinweis: „Achtung, nicht weiterlaufen, Einbruchgefahr!“
An dieser Stelle war das Eis sehr brüchig. Doch der Hund Topsi lief unbekümmert weiter, denn er konnte das Schild ja nicht lesen. Emmi versuchte gerade, zusammen mit Ella Pirouetten zu drehen. So bemerkte sie nicht, wie Topsi sich der immer dünner werdenden Eisschicht näherte.
Der kleine Topsi hatte schon fast die Insel erreicht, als plötzlich das Eis unter ihm einbrach. Er spürte das eisige Wasser an seinem Körper.
„Hilfe!“ schrie er, „ich ertrinke, ich erfriere!“
Doch die Menschen konnten seine Rufe nicht hören. Nur ein paar Enten und ein Schwan vernahmen die verzweifelten Rufe des kleinen Hundes. Topsi versuchte immer wieder eine Pfote auf den Rand des Eisloches zu setzten, doch das Eis zerbrach sofort.
„Emmi, hilf mir!“ schrie Topsi voller Angst. Doch Emmi und Ella waren weit weg vom Unglücksort.
Zum Glück erkannte ein Schwan die große Gefahr für Topsi.
„Schnell sucht mir einen langen, dicken Stock!“ rief er den Enten zu, „wir müssen ihn retten!“ Einige Enten flogen sofort ans Ufer, um dort nach einem geeigneten Stock zu suchen. Als sie einen dicken Stock entdeckten, nahmen die Enten diesen in ihren Schnabel und trugen ihn im Flug zur Insel. Topsi strampelte verzweifelt in dem Eisloch. „Bloß nicht untergehen, bloß nicht untergehen“, jaulte er.
„So, jetzt brauche ich vier bis fünf starke Enten”, sagte der Schwan.
Sofort waren freiwillige Helfer zur Stelle.
„Wir müssen mit unseren Schnäbeln an einem Ende den Stock festhalten und ihn vorsichtig zum Eisloch schieben, damit der Hund das andere Ende des Stockes mit der Schnauze greifen kann,“ erklärte der große Schwan.
Genau so machten sie es. Topsi hatte schon allen Mut verloren, als er plötzlich den rettenden Stock in seinem Eisloch bemerkte.
Eine Ente flog über seinen Kopf hinweg und kreischte: „Los pack zu, wir helfen dir!“
Topsi hielt sich mit seinen starken Zähnen am Stock fest, keuchend zogen der Schwan und die Enten den kleinen Hund aus dem Eisloch auf ihre Insel. Nass und zitternd vor Kälte lag Topsi vor ihnen.
„Danke,“ wisperte er völlig erschöpft.
„Komm, du darfst hier nicht liegen bleiben, sonst erfrierst du“, sagte eine Ente zu ihm, „wir zeigen dir eine feste Stelle, wo du ohne Einbruchgefahr von der Insel zum Ufer zurücklaufen kannst.“
Mühsam erhob sich Topsi und folgte zwei Enten, die vor ihm zum Ufer watschelten. Topsi bedankte sich noch einmal für die Rettungsaktion.
„Gern geschehen”, quakte die braune Ente, „aber du musst uns dafür versprechen, uns nicht mehr zu jagen.“
„Versprochen“, sagte Topsi und hob seine Pfote zum Schwur.
In dem Moment stand Emmi erschrocken neben ihrem nassen Hündchen.
„Oje, du bist ganz nass. Du musst sofort nach Haus ins Warme“, sagte sie zu Topsi.
Ella gab ihrer Freundin Emmi ihren warmen Schal, damit sie Topsi darin einwickeln konnte. Schnell wechselten die Mädchen ihre Schlittschuhe gegen Winterstiefel und rannten mit dem Hund im Arm zu Emmi nach Hause.
Dort wurde Topsi sofort mit einem Handtuch trocken gerubbelt und in einer warmen Decke vor die Heizung gelegt.
„Was machst du nur für Sachen, Topsi“, sagte Emmi und streichelte ihren Hund, „wolltest du wieder Enten jagen und bist dabei ins Eis eingebrochen?“
Jetzt, wo die Gefahr zum Glück vorbei war, konnte Topsi über seine Unachtsamkeit lachen. Doch eines wusste er genau: Er würde den Enten ewig dankbar sein und sie nie, nie wieder jagen. Sie hatten ihm das Leben gerettet.
Text und Zeichnung: Birgit Puck