Eine Wintergeschichte für Kinder
Karlchen im Schnee
„Nanu, ist vielleicht der Frühling schon da?“, überlegte das Murmeltier Karlchen und schaute sich verschlafen in seiner Baumhöhle um. Irgendetwas hatte ihn geweckt. Alles lag im Dunklen. Sollte der Winterschlaf etwa schon beendet sein? Doch Karlchen fühlte sich noch gar nicht ausgeschlafen und wenn er sich sein dickes Bäuchlein anschaute, hatte er für seinen Winterschlaf noch reichlich Reserven. Von Hunger keine Spur.
„Vielleicht sollte ich mal nach draußen schauen, was da los ist“, dachte Murmeltier Karlchen und grub sich ein Loch ins Freie. Gerade wollte er mit seinem Stupsnäschen frische Luft einatmen, da fühlte er etwas Kaltes an der Nase.
„Iiiih! Das ist ja eisig“, quietschte er. Und was Karlchen dann sah, war eine weiße Winterlandschaft. So etwas hatte er in seinem Murmeltierleben noch nie gesehen. Schließlich hielt er während der kalten Wintermonate immer Winterschlaf. Er kam immer erst dann aus seiner Höhle, wenn bereits die ersten Frühlingsblumen die Wiesen bunt färbten. Dieses Jahr war es nun anders.
Karlchen bemerkte einen Hasen, der ein, wie ihm schien, merkwürdiges Gerät hinter sich herzog.
„He, wer bist du? Was hast du da?“, rief Karlchen dem Hasen zu. Dieser kam sogleich angehoppelt.
„Tag, Murmeltier. Ich bin Billy, der Schneehase“, grüßte das Häschen, „ich habe einen Schlitten. Kennst du keinen Schlitten?“
Karlchen schüttelte den Kopf. Nein, einen Schlitten hatte er noch nie gesehen. „Was macht man damit?“, fragte Karlchen. Der Schneehase sah ihn ungläubig an und fragte: „Mensch, das weißt du nicht?“
Murmeltier Karlchen musste wieder seinen Kopf schütteln. „Komm’ mit, ich zeig’s dir!“, forderte Billy das Murmeltier auf.
Gemeinsam hoppelten sie durch den Schnee einen kleinen Hügel hinauf. Nachdem sich Karlchen an die Kälte gewöhnt hatte, fand er die weiße Pracht ganz schön gut. Jeder Schritt knirschte so interessant, und alles sah so hell und sauber aus. Einfach klasse!
Auf dem Hügel angekommen, durfte sich Karlchen zum Schneehasen auf den Schlitten setzen, und ab ging die Fahrt. Hui, war das schnell! Die beiden Tierchen sausten den Hügel hinab. Dann zogen sie den Schlitten gemeinsam nach oben. Immer wieder und wieder fuhren sie mit dem Schlitten hinunter. Karlchen machte das Schlittenfahren Riesenspaß. Erst als es langsam dämmerte, merkte Karlchen, wie müde er war.
„Sehen wir uns morgen wieder?“, fragte ihn Billy.
„Leider nicht. Ich muss jetzt bis zum Frühling durchschlafen. Nur wenn ich schlafe, habe ich keinen Hunger. Dabei wird mein dicker Bauch von Woche zu Woche weniger. Und wenn er ganz weg ist, dann ist Frühling, und ich wache wieder auf“, erklärte Karlchen.
„Aber du kannst doch was fressen, wenn du Hunger hast“, meinte der Schneehase.
„Für uns Murmeltiere gibt es hier im Winter keine Pflanzen, die wir fressen können. Darum müssen wir schlafen“, sagte Karlchen.
„Schade“, meinte der Schneehase, „es war so lustig mit dir.“
„Wir sehen uns Ostern“, versicherte Karlchen.
„Prima“, jubelte der Schneehase, „da kannst du mir beim Eier anmalen helfen.“
„Mach ich gern“, meinte Karlchen. Er verabschiedete sich von Billy und vergrub sich dann wieder in seiner Höhle. Dort fiel er müde und zufrieden in einen langen, langen Winterschlaf.
Text und Illustration: Birgit Puck