Geschenke für die Nikoläuse
eine Geschichte zum Nikolaus von Birgit Puck
Jedes Jahr, am Abend vor dem 6. Dezember, treffen sich alle Nikoläuse im größten Saal ihres prächtigen Schlosses. Dort planen sie, welcher Nikolaus in welchem Stadtteil Geschenke verteilen soll. Das war auch in diesem Jahr so.
Die Besprechung dauerte allerdings diesmal länger als üblich, denn Nikolaus Otto hatte einen besonderen Vorschlag. „In diesem Jahr sollten wir selber auch Nikolausgeschenke bekommen. Und einer von uns verteilt sie“, meinte Otto. Nach einer längeren Diskussion wurde der Vorschlag von den Nikoläusen angenommen. Alles war besprochen, und jeder Nikolaus wusste, was er zu tun hatte. Plötzlich ertönte aus der hintersten Ecke des Saales ein lautes Schnarchen. Gleichzeitig drehten sich alle Nikoläuse um.
Da hockte Nikolaus Willi zusammengesunken auf seinem Stuhl und war eingeschlafen.
„Typisch Willi“, rief Nikolaus Bodo. „Der pennt immer, wenn es wichtig wird“.
Da rief Otto Nikolaus ganz laut: „Hei, Willi, wach auf!“
Erschrocken fuhr Willi hoch: „Wo bin ich?“, fragte er und sah irritiert um sich.
„Schlafen kannst du das ganze Jahr“, ermahnte ihn Otto, „nur heute Nacht nicht!“
„Ich habe nicht geschlafen“, murmelte Willi verlegen, „ich war nur kurz eingenickt.
„Dann weißt du also, wohin du deine Geschenke bringen sollst?“, fragte Otto skeptisch.
Willi fühlte sich ertappt. „Ja, ja“, nuschelte er verlegen.
„Zum Glück hat die Schlafmütze den kürzesten Weg“, sagte Bodo grinsend, „da ist er bald fertig und kann weiterschlafen“.
Kurz darauf war die Versammlung beendet. Sofort schnappten sich alle Nikoläuse ihre Säcke mit Geschenken und machten sich auf den Weg, jeder in seinen Stadtbezirk. Nur Willi blieb zurück.
Er überlegte: „Den kürzesten Weg? Schnell fertig? Wieder schlafen gehen? Was hat Bodo damit gemeint?“
Der liebe Willi hatte natürlich keine Ahnung, wo er seine Geschenke verteilen sollte. Er hatte ja während der ganzen Versammlung geschlafen.
„Was soll ich nur machen?“, dachte er verzweifelt. Plötzlich kam ihm eine Idee und er stapfte los.
„Ich muss nur nachgucken, wo noch keine Geschenke liegen. Dort ist dann mein Bezirk.“
Doch wo Willi auch hinkam, überall lagen schon Geschenke. Nachdem er selbst im letzten Winkel der Stadt nachgesehen hatte, überkam ihn die Verzweiflung. In der ganzen Stadt gab es keine einzige Straße, wo er seine Geschenke noch verteilen konnte.
„Ich kann doch die Geschenke nicht wieder mit zurücknehmen. Das gibt ein Donnerwetter“, dachte er. Aber da er den Geschenke-Sack nicht auf der Straße stehen lassen wollte, schleppte er ihn zurück ins Schloss.
Als er im Schloss der Nikoläuse ankam, war dort alles still. Alle Nikoläuse lagen längst in ihren Betten und schliefen. Als er am Bett vom Nikolaus Otto vorbeischlich, bekam er weiche Knie.
„Was soll ich nur tun? Das gibt bestimmt Ärger, weil ich nichts verteilt habe. Vielleicht ist Otto am nächsten Tag etwas versöhnlicher gestimmt, wenn ich die Geschenke an die anderen Nikoläuse verteile“, überlegte Willi.
In Windeseile stellte er neben jedes Bett ein Päckchen. Am Ende behielt er ein Geschenk übrig.
„Für unseren lieben Willi“ stand auf dem Papier. Obwohl er nicht so recht wusste, was das zu bedeuten hatte, behielt Willi dieses Geschenk. Dann schlief er erschöpft ein. Als die Nikoläuse am nächsten Morgen die Geschenke entdeckten, meinte Bodo: „Na, dann hat unser Willi in der Versammlung wohl doch aufgepasst.“
Die übrigen Nikoläuse nickten anerkennend. Willi allerdings, der gerade sein Geschenk auspackte, verstand überhaupt nichts mehr. „Ich, aufgepasst, worauf denn?“, fragte er, strich sich über seinen weißen Bart und sah auf sein Nikolausgeschenk – einen Wecker!